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2. Scheinargument: Das Argument der Shīʿa mit dem Vers der Mubāhala für die Imāma und Unfehlbarkeit von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib

Das Scheinargument:

Die Shīʿa argumentierten, dass der Qurʾān-Vers die Imāma und die absolute Vorzüglichkeit von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib beweise. Der Vers lautet:

﴿فَمَنْ حَاجَّكَ فِيهِ مِن بَعْدِ مَا جَاءَكَ مِنَ الْعِلْمِ فَقُلْ تَعَالَوْا نَدْعُ أَبْنَاءَنَا وَأَبْنَاءَكُمْ وَنِسَاءَنَا وَنِسَاءَكُمْ وَأَنفُسَنَا وَأَنفُسَكُمْ ثُمَّ نَبْتَهِلْ فَنَجْعَل لَّعْنَتَ اللَّهِ عَلَى الْكَاذِبِينَ﴾

„Wer nun mit dir darüber streitet, nach dem, was dir an Wissen zugekommen ist, so sag [zu denen]: „Kommt her! Lasst uns unsere Söhne und eure Söhne, unsere Frauen und eure Frauen, uns selbst und euch selbst zusammenrufen und hierauf flehen und so den Fluch Allahs über die Lügner kommen lassen!““1

Die Shīʿa leiteten aus dem Teil des Verses „uns selbst und euch selbst“ (Anfusanā wa Anfusakum) ab, dass mit „uns selbst“ ʿAlī Ibn Abī Ṭālib gemeint sei. Daraus folgerten sie seine absolute Vorzüglichkeit und die Imāma. Eine Reihe von Gelehrten der Zwölfer-Shīʿa äußerten sich explizit in diesem Sinne.

Der Shīʿa-Gelehrte aṭ-Ṭūsī (gest. 1274 n. Chr.) sagte zur Beweisführung der Überlegenheit: „Unsere Gefährten haben mit diesem Vers argumentiert, dass der Führer der Gläubigen (ʿAlī) der Beste unter den Gefährten war, und zwar aus zwei Gesichtspunkten: Der erste Gesichtspunkt ist, dass der Zweck der Mubāhala (Ritual der gegenseitigen Verfluchung) darin bestand, den Wahrhaftigen vom Lügner zu unterscheiden. Und dies ist nur möglich, wenn man jemanden wählt, der innerlich vertrauenswürdig ist, dessen Glaube zweifellos korrekt ist und der der beste Mensch bei Allah ist. Der zweite Gesichtspunkt ist, dass der Prophet (s) ihn mit sich selbst gleichsetzte, indem er sagte: „uns selbst und euch selbst“ (Anfusanā wa Anfusakum). Denn in „unsere Söhne“ sind ohne Zweifel al-Ḥasan und al-Ḥusain (a) gemeint, in „unsere Frauen“ Fāṭima (a), und in „uns selbst“ ist sowohl er selbst als auch die Person von ʿAlī (a) gemeint. Denn es war niemand anderes anwesend, was unbestritten ist. Wenn er ihn mit sich selbst gleichsetzt, ist es erforderlich, dass niemand ihn in seiner Überlegenheit übertrifft oder ihm gleichkommt.“2

Der Shīʿa-Gelehrte az-Zanjānī (gest. 1999 n. Chr.) sagte zur Beweisführung der Imāma: „Dies weist auf die Bestätigung der Imāma für ʿAlī (a) hin, da Allah, der Erhabene, ihn zur ‚selben Person‘ (Naffs) wie den Gesandten Allahs (s) erklärte. Da jedoch eine Vereinigung unmöglich ist, ergibt sich zwangsläufig eine Gleichheit in der allgemeinen Wilāya, ausgenommen das Prophetentum.“3

Antwort auf das Scheinargument:

Demnach stehen wir vor zwei Fragen: Erstens, der Nachweis der absoluten Überlegenheit von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib, Allahs Wohlgefallen auf ihn, gegenüber allen Gefährten des Propheten ﷺ, und zweitens, der Nachweis der Imāma für ihn auf Grundlage dieses Verses.

Wir sagen zu Beginn: Dies ist ein Beweis aus der Auslegung (Taʾwīl) und nicht aus dem herabgesandten Wortlaut (Tanzīl). Im Tanzīl findet sich nichts, was auf das verweist, was die Imāmiyya in beiden Punkten behauptet. Vielmehr beruht ihre Grundlage auf dem Schlussfolgern aus dem Beweistext. Wer behauptet, dass der Beweis für das, was die Imāmiyya behauptet, im herabgesandten Wortlaut selbst zu finden sei, lügt. Vielmehr handelt es sich um eine Argumentation aus der Interpretation heraus, und der Beweis stützt sich nicht auf den eindeutigen Wortlaut des Verses, sondern auf das, was sie durch ihre eigene Auffassung aus dem Vers ableiten.

Wir sagen im Allgemeinen: Der Ḥadīth zur Mubāhala mit ʿAlī, Fāṭima und den beiden Söhnen al-Ḥasan und al-Ḥusain ist in authentischen Überlieferungen belegt. So überliefert Imām Muslim in seinem Ṣaḥīḥ von ʿĀmir Ibn Saʿd Ibn Abī Waqqāṣ, dass sein Vater sagte: „[…] Als dieser Vers herabgesandt wurde: „Kommt her! Lasst uns unsere Söhne und eure Söhne […]“, rief der Gesandte Allahs ﷺ ʿAlī, Fāṭima, al-Ḥasan und al-Ḥusain und sagte: ‚O Allah, das sind meine Angehörigen.‘4

Dies ist eine besondere Tugend der Ahlu l-Bayt des Gesandten Allahs ﷺ. Es ist jedoch bekannt, dass die Imāma bei den Schiiten nur durch einen eindeutigen Text (Naṣṣ Jaliyy) bewiesen werden kann, nicht allein durch die Erwähnung einer Tugend. Ebenso ist bekannt, dass einzelne Gefährten des Propheten ﷺ über Tugenden verfügen, die kein anderer mit ihnen teilt. Es folgt jedoch daraus nicht notwendigerweise, dass eine Tugend eines Gefährten bedeutet, dass dieser besser ist als alle anderen in jeder Hinsicht, wie allgemein bekannt ist.

Die Antwort auf die beiden Themen – die Frage der Überlegenheit und die der Imāma – erfolgt in zwei Teilen: a) Widerlegung des Nachweises der absoluten Überlegenheit von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib. b) Widerlegung der Behauptung zur Imāma.

Erstens: Widerlegung der absoluten Überlegenheit von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib.

Fehlerhafte Argumentation durch sprachliche Gleichsetzung.

Die Schiiten haben mit dem Vers argumentiert: „uns selbst und euch selbst“ (Anfusanā wa Anfusakum), um zu behaupten, dass ʿAlī, Allahs Wohlgefallen auf ihn, gleichbedeutend mit der Seele des Propheten ﷺ sei und daraus eine Gleichheit zwischen ihnen in der allgemeinen Wilāya (Führerschaft) abgeleitet werde.
Diese Argumentation ist jedoch vollkommen unbegründet – nicht nur aus sprachlicher, sondern auch aus religiöser und gesetzlicher Sicht.

Die vermeintliche Gleichsetzung ist aus sprachlicher Sicht fehlerhaft, da sie voraussetzt, dass beide Seiten in ihrem Umfang ohne jegliche Abweichung gleichwertig sind, weder mehr noch weniger. Dies wurde von Ibn Barrī (gest. 1187 n. Chr.), einem bekannten Grammatiker und Linguisten, erläutert.5 Die Gelehrten der Imāmiyya haben, als sie die Bedeutung des Ausdrucks „uns selbst und euch selbst“ (Anfusanā wa Anfusakum) in der Qurʾān-Stelle auf die Gleichheit (Musāwāt) bezogen, dieser eine Bedeutung gegeben, die nicht der arabischen Sprache entspricht. Sie behaupteten, dass ʿAlī, Allahs Wohlgefallen auf ihn, dem Propheten ﷺ in allem gleich sei, außer in der Prophetenschaft. Dies ist jedoch ein Widerspruch zur sprachlichen Bedeutung des Begriffs der Gleichheit.

Denn gemäß der Sprache müsste die Gleichheit (Musāwāt) in allen Aspekten bestehen, ohne Ausnahme, und es würde bedeuten, dass ʿAlī in Wissen und Prophetenschaft dem Propheten ﷺ gleichgestellt wäre, was wiederum zahlreiche falsche Annahmen mit sich bringen würde. Laut Wörterbüchern bedeutet Gleichheit: „Die Gleichheit besteht zwischen zwei Größen, die weder größer noch kleiner als die andere sind; Ausgleich im Maß.“6

Daher ist die sprachliche Argumentation der Schiiten eindeutig unhaltbar.

Zweitens: Die Ungültigkeit des Beweises für die Gleichheit (Musāwāt) im religiösen Kontext.

Zur Widerlegung ihres Beweises aus religiöser Sicht sagen wir: Der Begriff „al-Anfus“ (Selbst) impliziert keineswegs Gleichheit. Vielmehr deutet er lediglich auf Ähnlichkeit und Gemeinsamkeit hin, wobei beide Begriffe auf eine spezifische gemeinsame Eigenschaft abzielen. Dies entspricht dem Verständnis von „Gleichheit“, wie es heißt: „Gleichheit kann zwischen Verschiedenartigen und Gleichartigen existieren.“ Das bedeutet, dass es eine Art Übereinstimmung gibt, die entweder in Form von Ähnlichkeit oder Verwandtschaft auftritt, je nach gemeinsamer Eigenschaft der Ähnlichen oder Gleichartigen, sei es hinsichtlich der Tat, der Religion, der Verwandtschaft oder des Abstammungslinie. Diese Bedeutung des Begriffs „al-Anfus“ wurde durch den religiösen Kontext bestätigt, und es gibt zahlreiche Beispiele dafür im Qurʾān. Hier folgt eine Erklärung:

1. Der Begriff „an-Naffs“ weist im Qurʾān auf Ähnlichkeit oder Verwandtschaft hin, insbesondere wenn es um eine Handlung geht, wobei der Ausdruck nicht die Gleichheit der Person voraussetzt. Dies wird beispielsweise in der Aussage Allahs deutlich:

„Und als Mūsā zu seinem Volk sagte: „O mein Volk, ihr habt euch selbst (Anfusakum) Unrecht zugefügt, indem ihr das Kalb [zum Gegenstand der Anbetung] genommen habt. Bereut nun vor eurem Erschaffer und tötet dann [die Schuldigen unter] euch selbst (Anfusakum)! Dies ist besser für euch vor eurem Erschaffer!“ Und da nahm Er eure Reue an; Er ist ja der Reue-Annehmende und Barmherzige.“

Hier wurde der Begriff „al-Anfus“ (Selbst) verwendet, ohne dass damit Gleichheit gemeint war. Denn es ist nicht so, dass diejenigen, die das Kalb angebetet haben, mit denen gleichzusetzen wären, die es nicht angebetet haben. Auch hat nicht das gesamte Volk das Kalb angebetet, und niemand behauptet, dass Hārūn es zusammen mit denen angebetet hätte, die es taten! Dennoch sagte er: „euch selbst“ (Anfusakum) und schloss alle in der Ansprache mit „O mein Volk“ ein. Gemeint ist vielmehr ihre Übereinstimmung und Verwandtschaft im Hinblick auf das gemeinsame Merkmal, das sie in der Handlung vereinte – nämlich die Anbetung des Kalbes durch einige von ihnen. Er wandte sich mit „euch selbst“ (Anfusakum) an sie, um auf die Gemeinsamkeit, Ähnlichkeit und Verwandtschaft hinzuweisen.

2. Was die Bedeutung von Ähnlichkeit und Verwandtschaft im Hinblick auf Religion und Überzeugung angeht, ausgedrückt durch den Begriff „al-Anfus“, ohne dabei die Bedeutung von Gleichheit zu implizieren, so zeigt dies die Aussage Allahs:

„Hätten doch, als ihr es hörtet, die gläubigen Männer und Frauen eine gute Meinung voneinander (Anfusihim) gehabt und gesagt: „Das ist deutlich eine ungeheuerliche Lüge!““

Der Begriff „al-Anfus“ wurde in diesem Vers verwendet, ohne dass damit eine Gleichheit zwischen den gläubigen Männern und Frauen gemeint ist. Vielmehr weist der Ausdruck auf ihre Übereinstimmung und Verwandtschaft hin, basierend auf dem gemeinsamen Merkmal ihres Glaubens.

3. Was die Bedeutung von Ähnlichkeit und Verwandtschaft im Hinblick auf Abstammung und familiäre Bindung betrifft, ausgedrückt durch den Begriff „al-Anfus“, ohne dass dabei der Begriff Gleichheit impliziert wird, so zeigt dies die in unserer Diskussion mit der Imāmiyya umstrittene Qurʾān-Stelle. Die Bedeutung von Ähnlichkeit und Verwandtschaft tritt hier sogar stärker hervor als in anderen Fällen. Denn die Ansprache richtete sich sowohl an sie – die Christen – als auch an den Gesandten ﷺ selbst, und der Zweck des Ausdrucks war, jene einzuladen, die eine Verwandtschaft oder eine Ähnlichkeit mit uns und euch in Bezug auf Männer, Frauen und Kinder aufweisen.

All dies ist im Ausdruck „uns selbst und euch selbst“ (Anfusanā wa Anfusakum) enthalten, wobei diejenigen gemeint sind, die durch Verwandtschaft oder Glauben mit uns verbunden sind. Es ist unabdingbar, dass es sich hierbei um Personen aus unserem engsten Kreis handelt, um den Zweck der Mubāhala zu erfüllen, nämlich die Furcht um das eigene Leben und die Angehörigen. Wäre die Mubāhala mit entfernten Individuen erfolgt, deren Verbindung zur Person, die die Mubāhala durchführt, durch Verwandtschaft oder Glauben unterbrochen ist, hätte der Zweck der Mubāhala – die Furcht – nicht erreicht werden können.
Dieser Bedeutungszusammenhang – dass das Heranziehen von Angehörigen die Natur der Mubāhala ausmacht – wurde von Sheikh al-Islam Ibn Taimiyya erwähnt. Er sagte:

„Die Mubāhala findet ausschließlich mit den Angehörigen statt. Würde er sie hingegen mit entfernten Verwandten durchführen, selbst wenn diese bei Allah bevorzugt wären, würde der beabsichtigte Zweck nicht erreicht werden. Es geht darum, dass sie ihre Angehörigen rufen, ebenso wie er seine ihm Nahestehenden ruft. Denn die Seelen haben gegenüber ihren Angehörigen ein Mitgefühl, das sie gegenüber anderen nicht empfinden.“

Dies entspricht genau dem, was die Gelehrten der Imāmiyya annehmen. Sie ergänzten jedoch, dass die Christen die Durchführung der Mubāhala davon abhängig machten, wen der Prophet ﷺ mit sich bringt. Wenn er seine engsten Angehörigen mitbringt, würden sie von einer Mubāhala absehen. Wenn er jedoch andere mitbringt, würden sie ihn herausfordern und seine Unwahrheit offenlegen.

4. Dass unsere Argumentation bezüglich der Bedeutung des Begriffs Naffs (Selbst) richtig ist, bestätigen sogar Aussagen von Gegnern. Wie es heißt: „Die Wahrheit ist das, was selbst die Feinde bezeugen.“ Der Shīʿa-Gelehrte Ash-Sharīf al-Murtaḍā (gest. 1044 n. Chr.) erläuterte diesen Punkt wie folgt:

„Einige Gelehrte sagen, dass es im Sprachgebrauch der Araber üblich ist, einen nahen Cousin oder engen Verwandten als sein Naffs (Selbst) zu bezeichnen. Ebenso wird ein enger Freund als dessen eigenes Selbst betrachtet. Ein Beleg dafür ist die Aussage Allahs: „Und beleidigt nicht euch selbst (Anfusakum) und bewerft euch nicht gegenseitig mit (hässlichen) Beinamen!“ Damit meinte Allah: Beleidigt eure gläubigen Geschwister nicht. Hier wurde die brüderliche Beziehung im Glauben wie eine familiäre Beziehung behandelt. Wenn die Araber das Wort Naffs (Selbst) auf entferntere Verwandte anwenden können, dann erst recht auf engere Verwandte. So sagte jemand: ‚Es war, als würden wir uns selbst töten am Tag von Qarā‘, womit er ausdrückte, dass sie sich selbst durch das Töten ihrer Brüder verletzt fühlten. In diesem Kontext wird die Verbindung zu nahen Verwandten wie das eigene Selbst betrachtet – aufgrund der gemeinsamen Bande, der engen Verwandtschaft und der tief verwurzelten familiären Beziehungen. Ein weiteres Beispiel ist Allahs Aussage: „Wenn ihr nun Häuser betretet, so grüßt euch selbst (Anfusikum).“ Dies wird so interpretiert, dass gemeint ist: ‚Grüßt einander‘, denn es ist unmöglich, dass eine Person sich selbst grüßt. Diese Ausdrucksweise ist zulässig, da die Seelen der Gläubigen wie eine einzige Seele betrachtet werden – durch die gemeinsame Bindung des Glaubens und den Ausdruck der religiösen Gemeinschaft. Wenn einer von ihnen seinen Bruder grüßt, ist es, als würde er sich selbst grüßen, da die Unterschiede aufgehoben sind und die Seelen miteinander verbunden sind. Diese Āya belegt außerdem, dass der Sohn einer Tochter (also das Enkelkind) im Sprachgebrauch der Araber als ‚Sohn‘ bezeichnet werden kann.“

Dieser Sinn wurde von Sheikh al-Islām Ibn Taimiyya, möge Allah ihm umfassende Barmherzigkeit gewähren, in Minhāj as-Sunna auf die beste Weise erklärt. Er sagte: „Wir stimmen nicht zu, dass einzig die Gleichheit übrig bleibt, und es gibt keinen Beweis dafür. Vielmehr ist es unmöglich, dies so zu verstehen, denn niemand ist dem Gesandten Allahs ﷺ gleich – weder ʿAlī noch jemand anderes. Dieses Wort impliziert im Arabischen keine Gleichheit. Allah sagte in der Geschichte der Verleumdung: „Hätten doch, als ihr es hörtet, die gläubigen Männer und Frauen eine gute Meinung voneinander (Anfusihim) gehabt.“7 Dies bedeutet nicht, dass die gläubigen Männer und Frauen gleich sind. Allah sagte auch in der Geschichte der Kinder Israels: „Bereut nun vor eurem Erschaffer und tötet dann euch selbst (Anfusakum)! Dies ist besser für euch vor eurem Erschaffer!“8 Das bedeutet, dass einige von euch andere (die schuldig waren) töten sollten, was nicht impliziert, dass sie gleich sind, noch dass diejenigen, die das Kalb anbeteten, gleich denjenigen sind, die es nicht anbeteten. Ebenso heißt es in: „Und tötet euch nicht selbst (Anfusakum)!“9, was bedeutet: ‚Tötet euch nicht gegenseitig‘, auch wenn sie nicht gleich sind. Allah sagte auch: „Und beleidigt euch nicht selbst (Anfusakum) durch Gesten!“10, was bedeutet: ‚Kränkt einander nicht‘, indem ihr schlecht über einander sprecht oder einander beleidigt. Dies ist ein allgemeines Verbot für alle Gläubigen, einander nicht schlecht zu machen oder zu kritisieren, auch wenn sie nicht gleich sind – weder in ihren Urteilen noch in ihrem Rang. Der Unterdrücker ist nicht wie der Unterdrückte, und der Führer (Imām) ist nicht wie der Gefolgschaft. Genauso sagte Allah: „Dennoch seid [gerade] ihr es, die ihr euch selbst (Anfusakum) tötet“11, was bedeutet, dass einige von euch andere töteten. Wenn die Bedeutung von „uns selbst und euch selbst“ (Anfusanā wa Anfusakum) dieselbe ist wie in „Und beleidigt euch nicht selbst (Anfusakum)“ oder „Hätten doch, als ihr es hörtet, die gläubigen Männer und Frauen eine gute Meinung voneinander (Anfusihim) gehabt“ und Ähnlichem, und wenn Gleichheit hier weder notwendig noch möglich ist, dann gilt dies umso mehr für jene Bedeutung, und sie ist noch weniger zwingend. Dieses Wort verweist vielmehr auf Ähnlichkeit und Gemeinsamkeit. Ähnlichkeit und Gemeinsamkeit bestehen in der Teilung einiger Merkmale, wie dem gemeinsamen Glauben. Gläubige sind Brüder im Glauben, und das ist gemeint mit „Hätten doch, als ihr es hörtet, die gläubigen Männer und Frauen eine gute Meinung voneinander (Anfusihim) gehabt“ und „Und beleidigt euch nicht selbst (Anfusakum)“. Diese Gemeinsamkeit kann auch in der Religion bestehen, selbst wenn Heuchler darunter sind, wie es der Fall ist, wenn Muslime im äußeren Islam vereint sind, auch wenn Heuchler unter ihnen sind. Wenn sie zudem durch gemeinsame Abstammung verbunden sind, ist dies noch stärker. Das Volk Mūsās (Moses) war in diesem Sinne ‚unsere selbst‘ (Anfusanā). Die Aussage Allahs: „Kommt her! Lasst uns unsere Söhne und eure Söhne, unsere Frauen und eure Frauen, uns selbst und euch selbst zusammenrufen“12 bedeutet: ‚Unsere Männer und eure Männer‘, d.h. die Männer, die uns im Glauben und in der Abstammung ähneln, und die Männer, die euch ähneln. Oder es ist lediglich die Gemeinsamkeit in der Verwandtschaft gemeint, da es heißt: „Unsere Söhne und eure Söhne, unsere Frauen und eure Frauen“. Er erwähnte die Kinder, die Frauen und die Männer, und so wird deutlich, dass er die ihm nahestehenden Männer und Frauen gemeint hat, sowohl Kinder als auch Angehörige, die eng verbunden sind. Deshalb rief er al-Ḥasan und al-Ḥusain unter den Söhnen, Fāṭima unter den Frauen und ʿAlī unter seinen Männern. Es gab niemanden, der ihm näherstand als diese, und sie waren diejenigen, um die er den Mantel (Kisāʾ) legte.“13

Drittens: Ein Einwand gegen die Aussage von az-Zanjānī.

Az-Zanjānī sagte: „Dies weist auf die Bestätigung der Imāma für ʿAlī (a) hin, da Allah, der Erhabene, ihn zur ‚selben Person‘ (Naffs) wie den Gesandten Allahs (s) erklärte. Da jedoch eine Vereinigung unmöglich ist, ergibt sich zwangsläufig eine Gleichheit in der allgemeinen Wilāya, ausgenommen das Prophetentum.“14

Diese Aussage ist aus mehreren Gründen fehlerhaft, die wie folgt dargelegt werden:

1. Wenn die Bedeutung von „uns selbst“ (Anfusanā) ʿAlī Ibn Abī Ṭālib wäre, würde dadurch der Prophet ﷺ aus dem Kontext des Verses ausgeschlossen werden. Denn gemäß der Behauptung, dass er „der Naffs des Propheten“ sei, wäre eine Identität zwischen beiden unmöglich, wie az-Zanjānī selbst angibt. Folglich müsste eine Unterscheidung zwischen ihnen bestehen, was bedeuten würde, dass der Prophet ﷺ nicht Teil derjenigen ist, die zur gegenseitigen Verfluchung aufgerufen wurden. Das würde bedeuten, dass er sie durch jemand anderen herausfordert, was jedoch nicht korrekt sein kann!

2. Wenn die Bedeutung „sein Naffs“ ʿAlī wäre, wie verhält es sich dann mit dem „Naffs“ derjenigen, die zur Verfluchung herausgefordert wurden? Sind sie selbst damit gemeint, oder jemand anderes?
Wenn ihr sagt, es sei ihre eigene Person, widersprecht ihr der von euch behaupteten Unmöglichkeit einer Identität in Bezug auf die Bedeutung des „Naffs“.

Wenn ihr hingegen sagt, es sei jemand anderes als sie selbst, dann verpflichten wir euch, dasselbe auf den „Naffs“ des Propheten ﷺ anzuwenden. Da der Begriff „Naffs“ in beiden Fällen identisch ist, muss seine Bedeutung ebenfalls identisch sein. Das bedeutet, dass – sollte seine Bedeutung in Bezug auf sie ihre eigene Person sein – ʿAlī Ibn Abī Ṭālib von der Bedeutung „uns selbst“ (Anfusanā) ausgeschlossen würde und einzig der Prophet ﷺ gemeint wäre. Eure Antwort auf diese Frage wäre zugleich auch unsere Antwort auf eure Behauptung, und eure Lösung für einen Fall ist identisch mit unserer Lösung für den anderen.

3. Wenn ʿAlī tatsächlich der „Naffs“ des Propheten ﷺ wäre, müsste das Wissen des Propheten ﷺ (in Gleichheit) dasselbe wie das Wissen von ʿAlī sein. Werden die Imāmiyya also behaupten, dass das Wissen von ʿAlī und das des Propheten ﷺ gleich sind? Oder ist das Wissen des Propheten ﷺ größer oder kleiner als das von ʿAlī?

4. Wenn der Prophet ﷺ tatsächlich der „Naffs“ von ʿAlī wäre, wie wollen wir dann folgenden Vers verstehen? Allah sagt: „Was dich an Gutem trifft, ist von Allah, und was dich an Bösem trifft, ist von dir selbst (Nafsik).“15

Soll das dann bedeuten: „Was dich an Bösem trifft, ist von ʿAlī“? Würde das bedeuten, dass ʿAlī die Quelle des Bösen ist?

5. Wenn wir eure Interpretation akzeptieren, wie erklärt ihr dann folgenden Vers? Allah sagt: „Und es gehört zu Seinen Zeichen, daß Er euch aus euch selbst (Anfusakum) Gattinnen erschaffen hat, damit ihr bei ihnen Ruhe findet; und Er hat Zuneigung und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Darin sind wahrlich Zeichen für Leute, die nachdenken.“16

Sind demnach die Frauen des Propheten ﷺ sein „Naffs“ gemäß diesem Vers?

Viertens: Widerlegung des Arguments, dass die Āyat al-Mubāhala auf die Imāma von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib hinweist.

Wenn die Āyat al-Mubāhala tatsächlich auf die Imāma von ʿAlī hinweisen würde, müsste sie ebenso darauf hindeuten, dass Fāṭima ebenfalls eine Imām ist. Dies behauptet jedoch niemand von den Imāmiyya. Zudem müsste es bedeuten, dass es in der Zeit der Mubāhala fünf Imāme gleichzeitig gäbe, die alle anwesend und nicht abwesend sind. Das ist äußerst merkwürdig, da fünf Imame gleichzeitig in der gleichen Zeit existieren würden, während wir seit über tausend Jahren nicht einmal einen einzigen anwesenden Imām haben! Ein solches Szenario widerspricht der göttlichen Weisheit, die hinter der Existenz eines Imāms liegt.

Einwand: Wenn jemand sagt: „Wie kommt ihr dazu, die Imāma für die fünf Personen zu behaupten? Wir haben die Beweisführung für die Imāma von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib aus der Tatsache abgeleitet, dass er der ‚Naffs des Propheten ﷺ‘ ist. Fāṭima fällt jedoch unter die Kategorie ‚unsere Frauen‘ und die beiden Enkel unter ‚unsere Söhne‘.“

Dann antworten wir:

1. Wir akzeptieren eure Behauptung nicht, dass der Ausdruck „uns selbst“ (Anfusanā) nur ʿAlī Ibn Abī Ṭālib umfasst. Vielmehr schließt er auch die beiden Enkel und ihre Mutter mit ein. Dies haben auch einige eurer Gelehrten bewusst oder versehentlich zugegeben. So sagt der Shīʿa-Gelehrte Jaʿfar as-Subḥānī: „Und die Tatsache, dass Allah den Ausdruck ‚unsere Söhne‘ in der Pluralform verwendet, zeigt, dass nicht nur der Prophet (s) die andere Seite der Aufforderung zur Mubāhala darstellte, sondern auch seine Söhne und Frauen. Deshalb zählt der Vers den Naffs des Propheten, die Frauen des Propheten und seine Söhne unter den Männern, Frauen und Söhnen der Umma auf.“17

Das würde jedoch bedeuten, dass es noch einen zusätzlichen Imām gäbe – nämlich für Fāṭima, Allahs Wohlgefallen auf ihr. Da ihr jedoch nicht behauptet, dass sie ein Imām ist, wird euer Argument hinfällig.

2. Wenn ʿAlī der Naffs des Propheten ﷺ ist, müsste er auch ein Prophet sein!

Es gibt keinen Sinn darin, dass az-Zanjānī den Rang des Prophetentums ausschließt. Denn der Vers liefert keinen Beweis dafür, dass die Imāma – wie von euch behauptet – gemeint ist, und das Prophetentum, welches ihr ausgeschlossen habt, ausgenommen wäre.

3. Ihr müsstet dann auch die Imāma für alle Gefährten des Propheten ﷺ anerkennen!

Denn Allah sagt: „Zu euch ist nunmehr ein Gesandter von euch selbst (Anfusikum) gekommen. Bedrückend ist es für ihn, wenn ihr in Bedrängnis seid.“18

Bedeutet das etwa, dass der Prophet ﷺ der „Naffs aller Gefährten“ ist?

Abschließend fragen wir: Ist ʿAlī, Allahs Wohlgefallen auf ihn, dem Propheten ﷺ in Tapferkeit, Großzügigkeit, Wissen und in allen anderen Dingen gleichgestellt? Wir möchten wissen, in welchem Aspekt er mit dem Propheten ﷺ gleichgesetzt ist.

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  1. Āl-i-ʿImrān (Die Sippe Imrans) 3:61. ↩︎
  2. Tafsīr at-Tibyān von aṭ-Ṭūsī; Bd. 2, S. 485. ↩︎
  3. ʿAqāʾid al-Imāmiyya von az-Zanjānī; S. 85. ↩︎
  4. Verzeichnet bei Muslim, Kapitel: Von den Vorzügen von ʿAlī Ibn Abī Ṭālib; Bd. 4, S. 1871, Ḥadīth-Nr. 2404. ↩︎
  5. Ibn Barrī sagte: „Der Unterschied zwischen Ähnlichkeit (Mumāthala) und Gleichheit (Musāwāt) besteht darin, dass Gleichheit zwischen Verschiedenartigen und Gleichartigen existieren kann, da Gleichheit ein Ausgleich im Maß bedeutet, ohne dass eine Seite größer oder kleiner ist. Ähnlichkeit hingegen gibt es nur zwischen Gleichartigen.“ (vgl. Lisān al-ʿArab; Bd. 11, S. 610). ↩︎
  6. Vgl. Maʿjam al-Furūq al-Lughawiyya; S. 494. ↩︎
  7. An-Nūr (Das Licht) 24:12. ↩︎
  8. Al-Baqara (Die Kuh) 2:54. ↩︎
  9. An-Nisāʾ (Die Frauen) 4:29. ↩︎
  10. Al-Ḥujurāt (Die Gemächer) 49:11. ↩︎
  11. Al-Baqara (Die Kuh) 2:85. ↩︎
  12. Āl-i-ʿImrān (Die Sippe Imrans) 3:61. ↩︎
  13. Minhāj as-Sunna an-Nabawiyya von Sheikh al-Islām Ibn Taimiyya; Bd. 7, S. 123-125. ↩︎
  14. ʿAqāʾid al-Imāmiyya von az-Zanjānī, S. 85. ↩︎
  15. An-Nisāʾ (Die Frauen) 4:79. ↩︎
  16. Ar-Rūm (Die Römer) 30:21. ↩︎
  17. Mafāhīm al-Qurʾān (al-ʿAdl wa-l-Imāma) von Jaʿfar as-Subḥānī; Bd. 10, S. 224–225. Die Ausführungen von as-Subḥānī zur Verwendung des Singulars für Naffs („Selbst“) und der Einbeziehung der Söhne und Frauen stimmen in einigen Aspekten mit den Aussagen von al-Murtaḍā und Ibn Taimiyya überein. Darüber sollte nachgedacht werden. ↩︎
  18. At-Tawba (Die Reue) 9:128. ↩︎
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